Beim Wiener Heeresspital erwachen bereits die ersten Ziesel aus dem Winterschlaf, doch könnte es ein böses Erwachen werden. Obwohl bislang weder die rechtliche, noch die artenschutzfachliche Durchführbarkeit der drohenden riskanten Ziesel- und Hamsterabsiedlung geklärt sind, laufen unübersehbar Vorbereitungen zur Errichtung von ca. 1.000 Wohnungen im Lebensraum der streng geschützten Tiere.
Parzellierung zum Verkauf an Bauträger
Noch bis vor kurzem setzte sich das Gebiet nördlich des Heeresspitals im Grundstückskataster aus einem sehr großen und mehreren kleinen Grundstücken zusammen. Nunmehr präsentiert sich das Areal parzelliert in viele Einzelgrundstücke.
Quelle: Stadt Wien – ViennaGIS
Die neuen Liegenschaftsgrenzen decken sich mit dem Bebauungsplan der aktuell gültigen Flächenwidmung, d.h. den beabsichtigten Bauplätzen. Klar ist, die erfolgte Parzellierung dient wohl als Vorbereitung für den Verkauf der Einzelgrundstücke durch die aktuellen Eigentümer an weitere Bauträger.
Zum Zeitpunkt des Erwerbs in 2008 bestand für das Areal nördlich des Heeresspitals bereits eine Flächenwidmung, die Wohnbau in Bauklasse I und II vorsah. Nach überraschender Festsetzung einer neuen Widmung im Februar 2010, ist nunmehr eine Verbauung in überwiegend Bauklasse III möglich. Darüber hinaus wurde die für Wohnbau nutzbare Fläche auch auf einen Teil des angrenzenden Heeresspital-Grünareals, wo ein großes Ziesel-Habitat längst bekannt war, ausgedehnt.
Bedingt durch die Aufstockung kam es zu einem signifikanten Zuwachs der maximal erzielbaren Netto-Nutzfläche, einem wesentlichen Kriterium zur Bewertung von Bauland. Beobachter rechnen folglich damit, dass die vorgenommene Verdichtung sich günstig auf den Wiederverkaufspreis der Parzellen auswirken wird.
Wie bereits bekannt, blieb im Zuge der Planung das seinerzeit bereits dokumentierte, dichte Ziesel-Vorkommen am Heeresspital, trotz dessen Überlappung mit dem projektierten Großbauvorhaben, unberücksichtigt. Zudem erfolgte die Widmungsbegutachtung in scharf kritisiertem Rekordtempo. Alternativen, die mit dem bestehenden strengen Artenschutz für Ziesel und Hamster vereinbar wären, wurden nicht geprüft.
Demnächst Aufgrabungen im Ziesel-Habitat?
Anlass zur Sorge geben auch Vermessungsarbeiten, die letzte Woche am Feld nördlich des Heeresspitals durchgeführt wurden. Wie die nachfolgenden Fotos zeigen, wurden dabei Verläufe mit Markierungspfosten abgesteckt.
Markierungen als Vorboten bevorstehender Aushübe?
Sind die gesetzten Markierungen Teil der Vorbereitungen von anstehenden Grabe-Tätigkeiten, etwa zur Verlegung von Strom-, Wasser- oder Kanalrohren?
Jedenfalls überschneiden sich die abgesteckten Bereiche mit dem im Sommer 2011 kartierten Lebensraum der streng geschützten Ziesel und Feldhamster. Sollte es nun tatsächlich zu Aushubarbeiten kommen, würde dies zweifellos einen erheblichen Habitats-Eingriff mit unabsehbaren Folgen bedeuten.
Hinsichtlich des für die Tiere bestehenden Lebensraumschutzes, etwa des Verbots von absichtlichen Störungen oder Beschädigungen ihrer Ruhe- und Fortpflanzungsstätten, läge zudem eine schwerwiegende Übertretung vor.
Schlechter Ziesel-Erhaltungszustand in Österreich
Das europäische Ziesel ist in Österreich massiv vom Aussterben bedroht, dementsprechend steht es laut Umweltdachverband auch auf Platz 1 der Roten Liste. Mit 828 erfassten Tieren ist die beim Wiener Heeresspital prosperierende, aber isolierte Ziesel-Kolonie eine der größten Österreichs und könnte nach vorsichtigen Schätzungen beachtliche 5 bis 10 Prozent des nationalen Gesamtbestands ausmachen.
Zum Vergleich: In Niederösterreich wurden in 2011 beim jährlichen Monitoring durch das sehr engagierte „Netzwerk Ziesel“ in Summe lediglich 1.089 Ziesel beobachtet, gleichzeitig war ein statistisch signifikanter Rückgang an gesichteten Tieren erkennbar. Im Burgenland ist der Ziesel-Bestand mittlerweile auf lediglich 2.000 Tiere geschrumpft. Soweit bekannt, liegen aus Wien keine aktuellen Erhebungsdaten für das Gesamtstadtgebiet vor. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Werte publiziert würden, wenn sie eine positive Entwicklung zeichnen würden.
Dringend notwendige Pflege des Ziesel- und Feldhamster-Habitats!
Angesichts der alarmierenden Fakten fordern wir sofortige und nachhaltige Maßnahmen zur artgerechten Pflege der Flächen im Ziesel- und Feldhamsterhabitat rund um das Wiener Heeresspital ! Insbesondere bedarf es eines regelmäßigen Mähens der Brache im nördlichen Abschnitt, um der dort beginnenden Zunahme von Ruderalvegetation und Verbuschung wirkungsvoll entgegenzuwirken.
Ein von den Grünen im Floridsdorfer Bezirksparlament eingebrachter Antrag an die Wiener Umweltschutzabteilung MA22, worin u.a. ersucht wird eine Expertise bezüglich der bestmöglichen Pflege des Ziesel-Lebensraums ausarbeiten zu lassen, könnte die fachlichen Grundlage der dringend notwendigen Aktivitäten liefern. Derzeit ist die Beantwortung durch die Behörde aber leider noch ausständig.
Unterschreiben Sie für ein Naturschutzgebiet!
Es ist zu befürchten, dass die unverändert beabsichtigte Realisierung des Großbauprojekts beim Wiener Heeresspital mit der damit einhergehenden Absiedlung der Ziesel und Feldhamster zum Erlöschen dieser Populationen führen wird.
Daher kann nur ein geeignetes Naturschutzgebiet auf den Flächen am und rund um das Wiener Heeresspital sicherstellen, dass die dort ansässigen Ziesel- und Feldhamsterpopulationen nachhaltig geschützt sind und nicht wirtschaftlichen Interessen zum Opfer fallen.
Bitte unterstützen auch Sie, so wie schon 3.800 weitere Menschen, die bedrohten Ziesel und Feldhamster beim Wiener Heeresspital mit Ihrer Unterschrift !
Die Initiative Bürger/innen für Stammersdorf verfolgt ebenso mit Sorge
die Entwicklung rund um das Heeresspital.Besonders die Ignoranz natur-
schutzrechtlicher Bestimmungen bez. der roten Listen ( Zieselbestand )
ist nachwievor Anlaß zu einem großangelegten Protest.
Manfred Zeller
Die Umweltmusterstadt geht mustergültig gegen die Umwelt vor.