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Archive for September 2012

Die jetzt gelüfteten Details zu den Ziesel-Ausgleichsflächen nördlich des Wiener Heeresspitals lassen in jeder Hinsicht Schlimmes befürchten.

Nicht nur, dass man die massiv vom Aussterben bedrohten Tiere in einem kaum durchführbaren, aber hochriskanten Manöver auf einen weitläufig verteilten Fleckerlteppich zerstreuen will. Auch den Böschungen am Marchfeldkanal droht entlang des Heeresspitals, einem beliebten Naherholungsgebiet, ein heftiger Kahlschlag.

Weil sich bei den Turboplanungen des Monsterprojekts beim Heeresspital niemand für den Schutz einer der letzen großen Ziesel-Kolonien Österreichs interessieren wollte, könnte es somit – bei Genehmigung der Eingriffe – im Norden von Wien zu einem ökologischen Fiasko kommen.

Naturschutzbehörde teilte Ausgleichsflächen mit

Ziesel-Ausgleichsflächen beim Wiener Heeresspital

Schemagrafik der beantragten Ziesel-Ausgleichsflächen (1 – 6, rot)
und des betroffenen Ziesel-Reservats (Z, grün)

In der Grafik oben sind das aktuelle Verbreitungsgebiet der betroffenen Ziesel nördlich des Heeresspitals und die angesuchten Ausgleichsflächen anhand von der Naturschutzbehörde MA 22 übermittelter Unterlagen und Grundstücksnummern, dargestellt.

Die einzelnen Teilflächen werden den Bauträgern Kabelwerk und Donaucity vom Wiener Forstamt MA 49 sowie der Marchfeldkanal-Gesellschaft bereitgestellt. Weitere anliegende und nahegelegene Liegenschaften sind nicht Teil der Ausgleichslösung, denn diese weisen eine Vielzahl unterschiedlicher Besitzer auf. Zur Lenkung der europarechtlich streng geschützten Ziesel auf diese Liegenschaften bedarf es der ausdrücklichen Zustimmung der jeweiligen Eigentümer.

Das große Heeresspital-Areal selbst und der Bereich südlich davon kommen als Ausgleichsflächen ebenfalls nicht in Frage, denn diese sind von Zieseln besiedelt. Klarerweise handelt es sich bei dem großen Vorkommen rings um das Heeresspital um eine einzige große, aber isolierte Population.

Verpönte Lebensraum-Fragmentierung als Problemlöser

Ein erwiesener Hauptgrund für den unverändert bedrohlichen Rückgang der Ziesel in Österreich ist die Fragmentierung ihrer Lebensräume, die in der Folge zu Isolation und Erlöschen von Populationen führt. Trauriges Beispiel dafür ist das Verschwinden der Ziesel-Kolonie bei der Seeschlacht in Langenzersdorf.

Genau diese gefährliche Zersplitterung soll nun mit dem Zieselbestand nördlich des Wiener Heeresspitals passieren. Nach Abtrennung von der großen Kernpopulation am Heeresspitalgelände, sollen die Tiere auf einen weitläufig verteilen „Fleckerlteppich“ umgelenkt werden.

Stellt man in der Grafik oben, die roten Teilflächen dem aktuellen Lebensraum (grün) gegenüber, wird die substanzielle Verschlechterung der Habitatsbedingungen offenkundig.

Umgekehrt käme es auch zu einer signifikanten Schwächung der großen Gesamtpopulation rund um das Wiener Heeresspital, denn diese würde mit einem Schlag um 20 Prozent der Individuen reduziert werden.

Ziesel-Emigration über Brücke findet nicht statt

Bislang querte kein einziges Ziesel über diese Brücke den Marchfeldkanal

Kein einziges Ziesel querte bisher über diese Brücke den Marchfeldkanal

Unabhängig von der mangelnden Eignung mancher Flächen und ungeklärten naturschutzrechtlichen Fragen, erscheint die generelle Durchführbarkeit der Lenkungsmaßnahmen in der Praxis illusorisch. Denn ein Großteil der Ersatzgebiete liegt jenseits des Marchfeldkanals (3 bis 6) und ist nur über eine schmale Brücke erreichbar (siehe Bild).

Bis dato konnten Experten und Naturschützer auf der gegenüberliegenden Seite des Marchfeldkanals nicht einen einzigen Ziesel-Bau ausfindig machen. Auch zeigen die bisher vorliegenden Forschungsergebnisse ein ausgeprägt stationäres Verhalten der Tiere, d.h. es finden keine relevanten Wanderbewegungen statt.

Daher ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen, dass die Ziesel jemals freiwillig und in großer Zahl auf Flächen jenseits des Marchfeldkanals übersiedeln werden.

Wie also sonst sollen die Ziesel den Marchfeldkanal überwinden? Treibt man sie mit handfesten Methoden über die Brücke, so wäre diese künstliche Ziesel-Kolonie, aufgrund ihrer geringen Größe und der nachweislich fehlenden Verbindungen zur Stammpopulation, zum Erlöschen verurteilt.

Marchfeldkanalböschungen als „gleichwertige“ Ausgleichsflächen

Marchfeldkanal-Böschungen als Ziesel-Ausgleichsflächen Marchfeldkanal-Böschungen als Ziesel-Ausgleichsflächen Marchfeldkanal-Böschungen als Ziesel-Ausgleichsflächen

  Ein Teil der dauerhaft zu rodenden Böschung entlang des Marchfeldkanals

Ein Teil der Ziesel soll nach den vorliegenden Unterlagen an die kaum drei Meter hohen, aber steilen Böschungen des Marchfeldkanals (Flächen 2 und 3) übersiedeln.

Damit jedoch die abschnittsweise extrem dicht verwachsenen Ufer überhaupt als Ausgleichsfläche oder Durchzugskorridor verwendbar wären, ist deren dauerhafte teilweise Rodung unvermeidlich. Denn als Steppentiere bevorzugen Ziesel offene Graslandschaften. In Büschen und Wäldern kommen sie hingegen nicht vor.

Insbesondere die, flussabwärts gesehen, rechts gelegene Böschung wäre massiv betroffen, wie die Fotos oben oder Satellitenbilder zweifelsfrei bestätigen.

Langfristig kann aber selbst nach den Abholzungen die Funktion der Marchfeldkanal-Böschungen als Ziesel-Ersatzlebensraum, aufgrund der schmalen Schlauchform und der unmittelbaren Nähe zum Wasser, nicht gegeben sein. Eingekesselt zwischen Kanal sowie gut frequentierten Fuß- und Radwegen, wären die Tiere ständig erheblichen Störungen ausgesetzt.

Zudem graben Ziesel 1,5 Meter tiefe Erdbaue, womit diese, wenn nicht direkt an den Wegen gelegen, bis an oder sogar unter den Wasserspiegel reichen werden. Spätestens wenn, wie in der Vergangenheit bei Donau-Hochwasseralarm die Flutung des Marchfeldkanals erforderlich wird, ist die Katastrophe für die am Ufer lebenden Ziesel vorprogrammiert.

Nebenbei bemerkt, ist die naturnahe Ufergestaltung des Marchfeldkanals kein Produkt puren Zufalls, sondern war erklärtes Ziel bei Planung und Realisierung des künstlichen Gewässers. Beachtliche Summen wurden bisher in Anlage und laufende Erhaltung des Naturjuwels im Norden von Wien investiert. Viele selten gewordene Tierarten finden hier wertvollen Lebensraum und die Floridsdorfer ein liebgewonnenes Naherholungsgebiet. Es stellt sich daher die Frage, ob sich die Verantwortlichen der Marchfeldkanal-Gesellschaft tatsächlich der vollen Tragweite und Außenwirkung der möglichen anstehenden Eingriffe bewusst sind.

Jungbürgerwald ade?

Ziesel-Ausgleichsfläche statt Jungbürgerwald?

Auch der erst 2007 von jungen Menschen mit viel Engagement angelegte, inzwischen kräftig angewachsene, Jungbürgerwald (in der Grafik als J markiert), wird wohl bei den freiwilligen Ziesel-Wanderungen im Weg sein. Denn um auf die immerhin schon 800 Meter entfernten Ausgleichsfläche (6) zu gelangen, müsste von vielen Nagern ein schmaler Trampelpfad seitlich vorbei am Wald aufgefunden und zurückgelegt werden.

Es steht somit zu befürchten, dass zur Unterstützung der freiwilligen Ziesel-Übersiedlung bzw. um zusätzliche Ersatzflächen (zwischen 5 und 6) am Marchfeldkanal zu schaffen, eine zumindest teilweise Schlägerung des Jungbürgerwalds unausweichlich ist.

Endgültiger Todesstoß für den Donaufeldbach

Visualisierung Donaufeldbach beim Heeresspital, (C) Grüne Donaustadt
Der geplante Donaufeldbach nahe dem Heeresspital in einer Fotomontage
(C) Grüne Donaustadt

An anderer Stelle kollidiert die beabsichtigte Ziesel-Umsiedlung mit bereits lange bestehenden Stadtplanungen. Ausgleichsfläche (6) überschneidet sich zwischen Heeresspital und Draugasse zur Gänze mit der Trasse des schon vor Jahren konzipierten Donaufeldbachprojekts, das 2010 in Floridsdorf auch Wahlkampfthema war.

Würden die heute dort befindlichen Felder tatsächlich mit Heeresspital-Ziesel besetzt, so ist die Realisierung des künstlichen Gewässers als zusätzliches Floridsdorfer Naherholungsgebiet samt Radwegen wohl endgültig vom Tisch. Eine abermalige, hochriskante Umsiedlung der Ziesel – wohin auch immer – wird kein Verantwortlicher in Kauf nehmen wollen.

Das magische Ziesel-Dreieck!

Teilausgleichsfläche (4) hat ein Riesenproblem: Für die Ziesel führt kein direkter Weg dorthin. Um auf ihrer freiwilligen Wanderung dorthin zu gelangen, müssten die Tiere auch Grundstücke durchqueren, die nicht Teil der Ausgleichslösung sind.

Selbst wenn die Ziesel auf wundersame Weise doch in dem Dreieck ankommen, dann erwartet sie dort eine isolierte Existenz, die in keinem, vital notwendigen Austausch mit anderen Populationen stehen kann. Somit ist auch diese Teilfläche als Ziesel-Lebensraum ungeeignet.

Ausgleichsfeld beim Heeresspital – Leider schon besetzt!

Zieselbau am Luzernefeld östlich des Wiener Heeresspitals Zieselbau am Luzernefeld östlich des Wiener Heeresspitals

Zwei Zieselbaue östlich des Heeresspitals

Die Ausgleichsfläche (1) diesseits des Marchfeldkanals ist für die Ziesel lediglich über einen schmalen, noch gar nicht existenten Verbindungspfad entlang des Heeresspitalzauns erreichbar. Bei Besichtigung des Feldes zeigt sich jedoch schnell, dass es schon von Zieseln besiedelt ist. Es handelt sich dabei um Ausläufer von der Ziesel-Kernpopulation am Heeressspital.

Wird nun das heutige Luzernefeld als Ziesel-Lebensraum attraktiviert, so werden vermehrt auch die am Heeresspital-Areal lebenden Tiere herauswandern. Im Unterschied zu den nördlichen Artgenossen müssen sie jedoch keinen schmalen Korridor freiwillig auffinden und durchwandern, sondern – so wie bisher – einfach nur unter dem Zaun durchschlüpfen.

Somit ist selbst Ausgleichfläche (1), wenn überhaupt, nur zu einem geringen Teil als solche geeignet.

Stadträtin Sima im Interessenskonflikt

Sowohl die Naturschutzbehörde MA 22, als auch das Forstamt MA 49 fallen beide in den Geschäftsbereich Umwelt, dem Stadträtin Ulli Sima vorsteht.

Während die MA 22 im Zuge eines Naturschutzrechtlichen Verfahren das Ansuchen der Bauträger auf Umlenken der Ziesel auf Ausgleichsflächen zu prüfen hat, stellt wiederum die MA 49 mit den Bauträgern ausverhandelte Ausgleichsflächen zur Verfügung.

Diese Situation birgt einen offensichtlichen, klassischen Interessenskonflikt in sich, denn bei Ablehnung des Ausnahmebegehrens durch die MA 22, entgehen der MA 49 künftige Pachteinnahmen. In wirtschaftlich schwierigen Zeiten mit knappen Budgets stehen einander somit konsequenter Naturschutz auf der einen und mögliche Zusatzeinkünfte auf der anderen Seite gegenüber.

Nicht jeder Beobachter mag darin eine günstige Optik für das Umweltressort erkennen, das bekanntlich schon im Flächenwidmungsverfahren auf schriftliche Hinweise zum dokumentierten dichten Ziesel-Vorkommen beim Wiener Heeresspital verzichtet hat.

7.100 Unterschriften für nachhaltigen Zieselschutz

Die Situation für die Ziesel beim Wiener Heeresspital und die ebenso dort vorkommenden Feldhamster ist ernst. Obwohl ihr Vorkommen spätestens seit 2005 dokumentiert ist und die Tiere samt ihrer Lebensräume naturschutzrechtlich streng geschützt sind, droht eine beispiellose Entsorgung des Artenschutzes im nahen Marchfeldkanal.

Unverändert fordert die IGL-Marchfeldkanal zum dauerhaft Erhalt des einzigarten Biotops die Einrichtung eines geeigneten Naturschutzgebiets auf den Grünflächen am und rund um das Wiener Heeresspital. Nur so kann dort der fortwährende ökonomische Druck auf jene Tierart, die in Österreich ohnehin auf Platz 1 der Roten Liste steht, beendet werden.

Bereits 7.100 Menschen unterstützen dieses Anliegen und haben mit ihrer Unterschrift ein Zeichen zum Schutz der bedrohten Ziesel und Feldhamster beim Wiener Heeresspital gesetzt.

Unterschreiben JETZT auch Sie!

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Ziesel beim Stammersdorfer Winzerlauf

Der Stammersdorfer Winzerlauf steht für Laufsport vom Feinsten. Etwa 1.500 Aktive nahmen dieses Jahr bei idealem Laufwetter und großartiger Stimmung an dem Traditionsevent in den Stammersdorfer Weinbergen teil.

Mit dabei waren auch 10 Ziesel-Runner und viele Ziesel-Fans, die mit Ziesel-T-Shirts und Ziesel-Fahnen auf die massiv bedrohte Ziesel-Population beim Wiener Heeresspital aufmerksam machten. Obwohl in Österreich auf Platz 1 der Roten Liste, blicken die nicht unweit vom Veranstaltungsort lebenden Tiere – trotz strenger Naturschutzgesetze – einer äußerst ungewissen Zukunft entgegen.

Zustimmenden Applaus für die Ziesel setzte es, als die Ziesel-Runner dem Moderator und dem Publikum den Hintergrund für die vielen Ziesel-Fahnen und -Shirts erläuterten. Auch in persönlichen Gesprächen drückten viele Anwesende ihre Solidarität mit den gefährdeten Nagern aus.

Ziesel beim Stammersdorfer Winzerlauf Ziesel beim Stammersdorfer Winzerlauf

Ziesel beim Stammersdorfer Winzerlauf Ziesel beim Stammersdorfer Winzerlauf

Für den Start in den Laufherbst in einem wundervollen Ambiente ist der Stammersdorfer Winzerlauf längst die Empfehlung. Die IGL-Marchfeldkanal gratuliert dem Organisator und seinem dynamischen Team zu einer rundum gelungenen Veranstaltung!

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