Frau Dr. Madeleine Petrovic hat uns gestattet, das Schreiben, das sie in ihrer Funktion als Präsidentin des Wiener Tierschutzvereins am Mittwoch, den 22.6.2011, an die Wiener MA 22 geschickt hat, zu publizieren. Darin wird eindringlich auf die Gefährdung der Zieseln am Feld nördlich des Heeresspitals durch die landwirtschaftlichen Arbeiten hingewiesen.
Wir danken Frau Dr. Petrovic für ihre rasche und entschlossene Intervention zum Wohle der vom Aussterben bedrohten Zieseln!
Sehr geehrter Herr Dr. XXXXXXXX!
Auf den Feldern nördlich des Heeresspitals in 1210 Wien befinden sich erwiesenermaßen Populationen von Feldhamstern und Zieseln. Wie wir von unterschiedlichen Personen erfahren haben, soll diese Fläche verbaut werden und zuvor, also jetzt, umgepflügt werden. Diese Vorgangsweise hat KEINEN landwirtschaftlichen Sinn, sondern dient offenbar nur dazu, ein allfälliges nationales Naturschutzverfahren von Vornherein zu vereiteln!
Nach der Richtlinie 92/43/EWG (“”FFH-Richtlinie”) sind beide Tierarten geschützt.
– Das Ziesel (Spermophilus citellus) ist in Anhang II (Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse, für deren Erhaltung besondere Schutzgebiete ausgewiesen werden müssen) der FFH-Richtlinie gelistet.
– Der Feldhamster (Cricetus cricetus) steht in Anhang IV (Streng zu schützende Tier- und Pflanzenarten von gemeinschaftlichem Interesse).
http://eur-lex.europa.eu/LexUriServ/site/de/consleg/1992/L/01992L0043-20070101-de.pdf
Eine Verbauung der Felder steht also im Widerspruch zur Richtlinie 92/43/EWG und würde den Fortbestand der Ziesel- und Feldhamsterpopulationen massiv gefährden!
Überdies wäre mit einer qualvollen Tötung der Jungtiere bzw. der gesamten Ziesel- und Feldhamsterpopulation zu rechnen, was jedenfalls mit GERICHTLICHEN Strafdrohungen sanktioniert ist.
Unserem Rechtsverständnis nach muss daher vor Baubeginn ein entsprechendes Verfahren gemäß Naturschutzgesetz eingeleitet werden, an dessen Ende wohl nur eine Umwidmung der Fläche zum Schutzgebiet stehen kann.
Was derzeit geschieht, nämlich das Mähen der Felder mittels Traktor und das anschließende Pflügen erscheint uns sehr sonderbar. Zum einen: Was wird im Juni (!) ausgesät? Zum Anderen: Das Bestellen der Felder ruiniert die Bauten von Hamster und Ziesel und gefährdet vor allem das Leben vieler Jungtiere! Das ist KEINE landwirtschaftliche Maßnahme, sondern die brutale Durchsetzung von ökonomischen Profit-Interessen.
Der Anschein zwingt sich auf, dass vollendete Tatsachen hergestellt werden sollen: Wo es keine Feldhamster und Ziesel mehr gibt, muss auch kein Naturschutzgebiet ausgewiesen werden. Eine Vorgangsweise, die ein schlechtes Licht auf alle beteiligten Ämter und Behörden werfen würde.
Wenn wissentlich geschützte Jungtiere dem qualvollen Tod preisgegeben werden, um ökonomische Interessen „durchzudrücken“, ist das Einschreiten der zuständigen Behörden dringend geboten, da ansonsten möglicher Weise auch Amtsdelikte verwirklicht werden könnten.
Seitens des Wiener Tierschutzvereins ersuche ich daher DRINGEND und mit rechtlichem Nachdruck alles zu tun, um den geschützten Tierbestand auf den Feldern um das Heeresspital in Wien 21 nicht zu gefährden.
Mit besten Grüßen und mit der Bitte um Kontaktaufnahme
Dr. Madeleine Petrovic
Präsidentin Wiener Tierschutzverein