Die in Sachen Naturschutz seit vielen Jahren auf Tauchstation befindliche Wiener Umweltschutzbehörde MA 22 gab nun doch wieder ein Lebenszeichen von sich und zwar in Form des „Zieselaktionsplan Wien“.
Doch darauf hätte jene Tierart, die in Österreich auf Platz 1 der Roten Liste rangiert, wohl gerne verzichtet. Denn ohne rechtliche Basis soll künftig de facto zwischen schützenswerten und wenig schützenswerten Ziesel-Vorkommen unterschieden werden.
Für letztere wird, anstatt um deren Erhalt zu kämpfen, auch gleich ein uneingeschränkter Persilschein zum Setzen von „Ausgleichsmaßnahmen“ erteilt. Womit der profitablen Verwertung letzter ökologisch wertvoller Lebensräume durch multinationale Konzerne nichts mehr im Weg steht. Die Wiener Ziesel steuern hingegen auf eine vorprogrammierte Katastrophe zu.
Freie Bahn beim Heeresspital dank „teilweise mäßiger Prognose“
Wenig überraschend und wohl zur Freude der politisch bestens vernetzten Baulobby, ordnet der Aktionsplan die Ziesel beim Heeresspital unter die wenig schützenswerten Vorkommen ein und befindet eine „teilweise mäßige Prognose“.
Dabei zeigt das Vorkommen beim Heeresspital – trotz eiskaltem Gegenwind von Seiten der Stadtregierung und totalem Umsiedlungsflop – seit 2011 ein starkes, stetiges Wachstum! Nicht zuletzt durch konsequente Untätigkeit der Behörde kam es überhaupt so weit, dass man beim Heeresspital irrwitzige Millionenbeträge investierte und die Flächenwidmung, ohne Rücksicht auf das damals bereits amtsbekannte Habitat, festgesetzt wurde.
Es ist zu befürchten, dass sich die „mäßige Prognose“ mit Erlöschen der Heeresspital-Population (mit fast 1.000 Tieren eine der letzten großen in Österreich) als selbst erfüllende Prophezeihung erweisen wird und bald unverhohlen und in aller Freundschaft die Planungen für das riesige Areal innerhalb und rund um das Heeresspital publik gemacht werden. Ein feiner, unverkennbarer Geruch von Profit weht schon jetzt am nördlichen Wiener Stadtrand.
Benötigt MA 22 Auffrischung im Naturschutzgesetz?
Selbst korrektes Zitieren und Interpretieren des Wiener Naturschutzgesetzes wollte im Zieselaktionsplan nicht so recht gelingen. Anders als darin dargestellt, dürfen Ziesel selbstverständlich auch außerhalb der Fortpflanzungszeiten nicht absichtlich gestört werden.
Mit einem anderen Detail werden die Leser des Aktionsplans erst gar nicht belastet: Ausnahmegenehmigungen zum Artenschutz dürfen nach den Buchstaben des Gesetzes nämlich nur dann erteilt werden, wenn der Erhaltungszustand der Art in Wien günstig bleibt.
Was im Fall der Ziesel klarerweise nicht zutrifft. Nach aktuellen Erhebungen des Umweltbundesamtes hat sich der ohnehin schon misserable Erhaltungszustand des Ziesels in Österreich sogar noch weiter verschlechtert. Wenn also die MA 22 vorab grünes Licht für Ausgleichsmaßnahmen bei wenig schützenwerten Ziesel-Vorkommen signalisiert, zeugt dies jedenfalls von beachtlich kreativer Auslegung eines eigentlich klaren Gesetzestextes.
Zur Erinnerung: Selbst die jubelumwobene „sanfte Ziesel-Umlenkung“ beim Heeresspital, die sich als völliger Fehlschlag entpuppte, oder das Einfangen zu wissenschaftlichen Zwecken kamen nicht ohne Ausnahmebescheid aus. Offensiveres Vorgehen bedarf daher sicher eines solchen.
Wien isoliert sich im Ziesel-Schutz
Weniger ideenreich gibt sich die Behörde hingegen bei konkreten Vorhaben zum Schutz der Ziesel. Hier wird mit völlig unverbindlichen Formulierungen die bisherige zahnlose Praxis in Beton gegossen und nirgendwo angeeckt. Offenbar hat die Vermeidung von Konflikten mit anderen Ressorts der Stadtverwaltung und der Bauwirtschaft oberste Priorität.
Bereits 2013 hat die Europäische Kommission, die mittlerweile der Wiener Behörde rund um die eigenartigen Vorgänge beim Heeresspital genau auf die Finger sieht, einen mustergültigen europäischen Zieselaktionsplan initiiert.
Wien kocht aber auf Kosten der Steuerzahler lieber seine eigene Suppe. Das ist kaum verwunderlich, denn während die Kommission die Stabilisierung aller Ziesel-Vorkommen zum obersten Ziel erklärt, will die selbsternannte Hauptstadt des Tierschutzes fortan Begehrlichkeiten im Weg stehende Lebensräume verschwinden lassen.
Informationsoffensive der IGL-Marchfeldkanal startet
Vor diesem Hintergrund braucht es dringend Positivmaßnahmen um die besondere Bedeutung und die beindruckende Vielfalt des ökologischen Paradieses beim Heeresspital im Norden Wiens am Marchfeldkanal einer breiten Öffentlichkeit vor Augen zu führen.
Die Bürgerinitiative IGL-Marchfeldkanal startet daher eine breit angelegte Informationsoffensive. Unser erstes Angebot richtet sich in Form von fachkundigen Führungen an Wiener Schulen.
Nähere Informationen zu den Führungen finden sich hier
Details zu allen weiteren Veranstaltungen gibt es schon in Kürze!
Naturschutzgebiet statt Ziesel-Deals im Hinterzimmer
Angesichts der zwei Millionen Quadratmeter Bauland, die sich im Eigentum der Stadt Wien befinden, gibt es keinen vernünftigen Grund beim Heeresspital noch mehr Zeit und Geld an einem Standort zu verschwenden, wo auch in Zukunft nicht gebaut werden kann und darf. Durch einen simplen Grundstückstausch könnte die Stadt Wien Fehler der Vergangenheit korrigieren, involvierte Bau- und Finanzkonzerne von ihrer Misere erlösen und die drohende juristische Auseinandersetzung mit der EU-Kommission abwenden.
Naturschutz ist keinesfalls verhandelbar. Daher erteilt die IGL-Marchfeldkanal Mauscheleien in Nobellokalen, gemeinsamer Sache mit PR-Agenturen und ungustiösen Deals mit der Bauwirtwirtschaft kategorisch eine Absage.
Vielmehr werden wir gemeinsam mit unseren Unterstützern weiterhin kompromisslos für ein Naturschutzgebiet beim Heeresspital und die lückenlose Einhaltung der Naturschutzgesetze kämpfen!
Finde es eine Schande das nur Geld zählt ,und der Mensch die Natur so zerstört.Retten wir die Ziesel und ihren Lebensraum.Die Bürgerinitiative Igl Marchfeldkanal finde ich super lasst euch von den Verantwortlichen die die Natur zerstören wollen beim Heerespital nicht unterkriegen .Kämpfen wir gemeinsam dagegen an ,Gemeinsam sind wir stark.Bin immer an eurer Seite.
Das Wiener Naturschutzgesetz wird von Umweltjuristen mit drei Worten beschrieben: Albtraum, Makulatur, Farce. Das Gesetz ist für den Bürger in keiner Weise exekutierbar. Höchste Zeit, dass wir das grundlegend ändern.
Es wäre ausreichend, wenn Behörden Gesetze exekutierten statt sie zur Farce verkommen zu lassen. Die Bürger können leider nur Gesetze einhalten und mehr oder minder erfolgreich auf deren Einhaltung dringen.
Es ist zutiefst deprimierend dass immer mehr Naturräume für den Profit geschlachtet werden sollen und wir Bürger müssen uns mit aller Kraft diesem
Wahnsinn entgegenstellen! Täglich verschwindet Naturlandschaft im Ausmaß von 30 Fussballfeldern in Österreich. Dem muss endlich Einhalt geboten werden. Daß sogar über den Lebensraum von geschützen Tierarten einfach drübergefahren wird, ist unerträgllich.
Der „kreative Umgang“ mit den Naturschutzgesetzen ist wohl offensichtlich.
Bleibt eigentlich nur eines: breite Information der Bevölkerung über sämtliche
Medien und weitere Sympathiegewinnung bei vielen kritischen Gruppierungen,
die schon längst in die Entscheidungsprozesse bei Bauprojekten mit ein-
geschlossen gehören !
Thema Stadtstraße: Die Hirschstettner Ziesel Population ist als nächster dran, ausgerottet zu werden ! Ihr letztes (isoliertes) Rückzugsgebiet in den Äckern zwischen der SO-Tangente und dem Hirschstettner Badeteich, bzw. zwischen Rautenweg und Hirschstettner Straße wird den 2016 beginnenden Bauarbeiten an der sog. „Stadtstraße“ zum Opfer fallen. Eine bis zu 6 Fahr-Spuren umfassende Trassenführung soll dort von der Tangente nach Westen abzweigen. Natürlich sind auch etliche andere Wildtiere davon betroffen – sowie zig-tausende menschliche Anrainer, die sich ebenfalls gegen dieses verkehrstechnisch, ökologisch wie ökonomisch völlig sinnlose, Autobahn-ähnliche Straßenprojekt wehren. Infos darüber unter http://www.facebook.com/bnwn.nordost und http://www.hirschstetten-retten.at
Die Auslöschung von größeren und kleineren Zieselpopulationen in Floridsdorf hat bereits eine lange Tradition. Vor dem Bau der Donauuferautobahn gab es Ziesel quasi auf Schritt und Tritt entlang des Hubertusdamms zu beobachten. Die nächste Kolonie wurde in der Seeschlacht ausgerottet. Aber noch ist das Vernichtungswerk nicht vollendet: Es fehlen noch die Kolonien beim Heeresspital zur Vollendung. Kultur- und Naturerbe gelten nichts mehr, wenn sie dem Gewinnstreben von Politik und Bauwirtschaft im Wege stehen.