Auf den Grünflächen rund um das Wiener Heeresspital existiert eine der letzten großen Ziesel-Kolonien Österreichs. Nach dem nördlichen Abschnitt plant die Stadt Wien nun auch den Bereich südlich des Heeresspitals, gegenüber dem Ekazent B7, in Bauland umzuwidmen. Eine entsprechende Studie findet sich bereits im Internet.
Wie schon beim letzten Widmungsverfahren, drohen also die streng geschützten Tiere, die in Österreich auf Platz 1 der Roten Liste stehen, erneut unter den Tisch zu fallen.
Indes legt die Wiener Naturschutzbehörde keinen allzu großen Wert auf den Schutz der betroffenen Tiere und die artgerechte Pflege ihres Lebensraums.
Planungen und Verkaufsgespräche im Laufen
Ziesel-Lebensraum südlich des Wiener Heeresspitals
Das Ziesel-Vorkommen südlich des Wiener Heeresspitals ist seit Sommer 2011 durch die Universität Wien im Auftrag der Wiener Naturschutzbehörde MA 22 dokumentiert. Darüber hinaus sind dort auch Vorkommen der europaweit ebenso streng geschützten Feldhamster und Zauneidechsen bekannt.
Zieselbaue südlich des Wiener Heeresspitals
Anfang August 2012 wurden auf den Internetseiten der Wiener MA18, zuständig für Stadtentwicklung, entsprechende Absichten für eine Umwidmung der Flächen südlich des Heeresspitals in Bauland publiziert:
Im Bereich südlich des Heeresspitals bestehen ebenfalls Flächen für einen potenziellen Städtebau. Wenngleich hier erst der Anfang der Planungsphase erreicht ist, stellt insbesondere der Nahbereich des Marchfeldkanals eine attraktive Wohnperspektive dar.
Inzwischen wurde diese Textpassage von der Stadtplanungswebsite, die befremdlicherweise jeden Hinweis auf die dort ansäßigen, „prioritär bedeutenden“ Ziesel vermied, wieder entfernt.
Laut Medienberichten dürften die Planungen jedoch weitergehen. Übereinstimmend war zudem von zwei verschiedenen Quellen zu erfahren, dass entsprechende Verhandlungen über den Verkauf der derzeit für Landwirtschaft gewidmeten Flächen im Laufen sein sollen.
History repeats itself?
Unweigerlich werden Erinnerungen an den eiligen Widmungsvorgang in 2010 wach. Schon damals war das dichte Ziesel-Vorkommen beim Wiener Heeresspital längst dokumentiert. Das Gebiet nördlich des Heeresspitals wurde trotzdem kommentarlos, ohne Berücksichtigung des gesetzlichen Artenschutzes, für Wohnbau umgewidmet, obwohl sich das beabsichtigte Projekt mit dem bereits bekannten Habitat überschnitt.
Nach Expertenmeinung des Lebensministeriums würde die Verbauung des Habitats nördlich des Wiener Heeresspitals gegen geltendes EU-Recht verstoßen
Studie bereits im Internet
Für die Verbauung südlich des Wiener Heeresspitals existiert eine Studie des Architekten Johannes Kastner-Lanjus, der auch das städteplanerische Konzept für das Projekt nördlich des Heeresspitals erstellt hat:
Link zum Verbauungskonzept südlich des Heeresspitals
Demnach ist auf den Flächen südlich des Heeresspitals, gegenüber dem Einkaufszentrum B7, die Errichtung von bis zu 8-geschößigen Gebäuden vorgesehen.
Zudem soll auch der vor dem Heeresspital an der Brünner Straße befindliche Parkplatz verbaut werden, was ein weiteres Indiz für die bevorstehende Schließung des Wiener Heeresspitals wäre.
Landwirtschaft in Ziesel-Habitat ohne behördliche Auflagen
Zurzeit wird auf einem Teil der Flächen südlich des Wiener Heeresspitals Landwirtschaft betrieben, der Rest liegt brach. Aus dem Ziesel-Gutachten von 2011 geht klar hervor, dass bei der Bewirtschaftung von Ziesel-Habitaten bestimmte Einschränkungen zum Schutz der Tiere einzuhalten sind.
In einem Mail von der MA 22 werden die einzuhaltenden Schutzmaßnahmen so zusammengefasst:
Auch landwirtschaftliche Nutzung benötigt keine Bewilligung, wenn auf die Bedürfnisse der Tiere Rücksicht genommen wird. Dazu gehört der Verzicht auf Gülle, Herbizide und Pestizide, es muss weiterhin genug Nahrung zur Verfügung stehen (z.B.: alle 50 m einen Streifen unbearbeitet lassen) und die Bearbeitungstiefe darf 30 cm nicht übersteigen.
Trotz des wissenschaftlich fundierten Kenntnisstands wurden die Grundstückseigentümer südlich des Heeresspitals von der Naturschutzbehörde nicht über die einzuhaltenden Auflagen informiert. Wie sonst hätten die betroffenen Eigentümer über die zu berücksichtigenden Bedürfnisse zur Einhaltung des Artenschutzes erfahren sollen?
Seitens der MA22 wurden somit keine präventiven Maßnahmen zum Schutz der streng geschützten Ziesel und ihres Lebensraumes gesetzt. Die gezeigte Passivität der Behörde verwundert jedoch sehr, denn aufgrund Europäischen Rechts besteht die Verpflichtung zum Setzen präventiver Maßnahmen, damit es möglichst erst gar nicht zu Verstößen gegen das Störungs- und Tötungsverbot kommen kann. Das strenge Schutzsystem der FFH-Richtlinie setzt also den Erlass kohärenter und vorbeugender Maßnahmen voraus.
Dichte Bewirtschaftung bringt Ziesel unter Druck
Suboptimale Ziesel-Habitatsbewirtschaftung südlich des Wiener Heeresspitals
In diesem Jahr wurde auf dem Feld südlich des Heeresspitals dicht Hirse angebaut. Das setzt jedoch das dortige Ziesel-Vorkommen massiv unter Druck, denn aufgrund der resultierenden fehlenden Lichtdurchlässigkeit ist die Rundumsicht und Orientierung der Tiere erheblich eingeschränkt. Im Ziesel-Gutachten der Universität Wien aus der Jahr 2005 über den Einfluss der Lichtverhältnisse auf Ziesel-Lebensräume liest man dazu:
Wichtiger als die Höhe der Vegetation scheint deren Zusammensetzung und damit optische Transparenz zu sein.
Durch eine proaktive Beratung bei der Fruchtwahl durch die Naturschutzbehörde hätte sicher eine Lösung gefunden werden können, die den Zieseln und ihrem Lebensraum zuträglicher gewesen wäre. So stellt sich nun die Frage nach der allfälligen Verantwortlichkeit, sollte das Ziesel-Vorkommen südlich des Wiener Heeresspitals innerhalb von 12 Monaten zurückgegangen oder gar erloschen sein.
Verbrachung von öffentlichem Ziesel- und Hamsterlebensraum
Das Grundstücke (871/1 KG 01616) südlich des Heeresspitals ist im Besitz der Republik Österreich. Auf der Liegenschaft inmitten eines dokumentierten Ziesel- und Feldhamster-Habitats erfolgen jedoch keinerlei Pflegemaßnahmen.
Dementsprechend ist der brachliegende Streifen mittlerweile überaus dicht mit Goldrute verwachsen, was aber den Fortbestand der streng geschützten Tiere dort massiv erschwert. Kartierungsdaten der Universität Wien legen nahe, dass das Grundstück mit Zieseln und Feldhamstern besetzt war, als es noch gemäht wurde. Jedenfalls ist dort in der Wiener Feldhamster-Verbreitungskarte aus dem Jahr 2010 ein Feldhamstervorkommen dokumentiert.
Auch für die im Besitz der öffentlichen Hand befindliche Liegenschaft ist somit zu klären, weshalb trotz der Kenntnis des Vorkommens der europarechtlich streng geschützten Ziesel und Feldhamster, präventive Maßnahmen zum Schutz der Tiere und dem dauerhaften Erhalt ihres Lebensraums unterblieben sind. Insbesondere sind die Ziesel-Lebensräume am gesamten Wiener Stadtgebiet streng geschützt, d.h. die unbeinträchtigte Aufrechterhaltung deren Funktion.
Als negative Konsequenz der Verbrachung ist die Verbindung zur Kernpopulation am Areal des Heeresspitals, die für die Ziesel südlich davon vital notwendig ist, funktional stark oder ganz eingeschränkt.
6.500 Unterschriften für ein Naturschutzgebiet
Der dauerhafte Schutz und Fortbestand der großen Ziesel-Reliktpopulation beim Wiener Heeresspital muss endlich absolute Priorität haben! Dieser lässt sich jedoch nur erreichen, indem die Flächen am und rund um das Heeresspital in ein geeignetes Naturschutzgebiet umgewandelt und langfristig artgerechte Pflegemaßnahmen etabliert werden.
Andernfalls sind die massiv vom Aussterben bedrohten Tiere weiterhin anhaltendem Druck durch wirtschaftliche Interessen und möglichen Fehlplanungen aufgrund von bedauerlichen Kommunikationspannen ausgesetzt.
Bereits 6.500 Menschen unterstützen diese Forderung. Unterschreiben auch Sie!
Ich war jahrelang im Tierschutz tätig und kann dazu nur sagen, dass man als jemand, der Leben schützen und Lebensräume erhalten/schaffen will, fast immer als Bittsteller und nur äußerst selten als Partner behandelt wird, ob es nun um finanzielle Mittel oder „amtliche“ Unterstützung geht.
Im gegenständlichen Fall tut man so, als gäbe es in Wien kein Bauland mehr, dieses relativ kleine Areal ausgenommen…
Man darf also annehmen, dass massive finanzielle interessen dahinter stehen.
Auch die „Steinhofgründe“ sind ein Beispiel für solche Gesinnung, denn dort würde ja – abgesehen vom kulturell wertvollen Ensemble – ebenfalls Lebensraum zerstört werden.
Leider erweist es sich, dass Grün nur eine Tarnfarbe ist. Eigentlich wäre es Aufgabe der besagten Partei, das geplante Bauvorhaben im Sinne des Naturschutzes zu verhindern.
Aber aus dieser Ecke hört man zu diesem Thema kein Wort. Es würde ja das Klima in der Koalition der Stadtregierung verschlechtern.
Stimme Herrn Novotny vollkommen zu . Manfred Zeller – ausgetretenes
grünes, ehem, Parteimitglied.Listengründer der „Initiative Bürger/innen
für Stammersdorf“ (Wien-Wahl 2010).
Ziesel, so kleine Tiere, sind den „großen Tieren“ der Stadt Wien im Weg. Was für eine Symbolik…. Ich denke an die unüberholte „Konferenz der Tiere“ von Erich Kästner. Darin beschliessen die Tiere, den Menschen die auf der Weltkonferenz lauter Unfug beschließen die Akten zu zerfressen. Und so geschah es auch.
Rote und Grüne im Rathaus, Bürgermeister und Stadträte, schämt euch. Welcher grey hat eure Ethik zerfressen, ihr seid große „Tiere“ ohne Herz … Seht zu, daß man euch nicht schon bald an eurer Herzlosigkeit messen wird, wenn ihr euer Verhalten nicht grundlegend ändert …
In meinen Leben hat Rot Grün für IMMER verspielt, wenn wir keinen Platz mehr für diese wunderbaren Geschöpfe Gottes in Wien haben…..Rudolf Pegac
Es wiederholt sich immer wieder, dass die Gesetze von der Regierung übergangen werden, die Behörden spielen mit sonst könnte keine Umwidmung ohne Umweltverträglichkeitsprüfung stattfinden. Es zeigt sich wiedermal die Bürger zählen nur bei der Wahl sonst nicht.
Zig Massen-Protestmails an die Politiker!
Gesetz muss vor Profit gehen!
Montagsdemos in Floridsdorf!!
Es ist traurig und bestürzend, wie die Stadtregierung geltendes Recht ignoriert!