„Dubioser Verkaufsschacher um Floridsdorfer Ziesel-Gründe” titelte kürzlich ein aufschlussreicher Artikel in der Kronen Zeitung. Nun sagt Wien zum Artenschutz endgültig Tschüss. Wie befürchtet winkte die Naturschutzbehörde MA 22 die Ziesel-Umlenkung beim Heeresspital durch und markierte damit einen absoluten Tiefpunkt im Umgang mit dem Naturschutz.
Flankiert wurde der Entscheid durch gezieltes Einschalten einer gut vernetzten PR-Agentur. Der Öffentlichkeit servierte man ein wild-romantisches Luftschloss voll idyllischer Ausgleichswiesen und zärtlicher Eingriffe. In der Realität könnte es am Marchfeldkanal allerdings schon bald heftig zur Sache gehen.
Bei einer geführten Wanderung am 15. Juni können Sie sich persönlich ein authentisches Bild vom betroffenen Biotop und den inakzeptablen Ersatzflächen machen. Setzen Sie mit Ihrer Teilnahme ein Zeichen für ehrlichen und konsequenten Naturschutz!
Floridsdorf lehnt „Komplettpaket“ der Stadt Wien ab
Mit Ausgleichsflächen und rechtskräftiger Lizenz zur Vernichtung wertvollen Lebensraums liefert die Stadt Wien ein „Komplettpaket“. Das ist von Floridsdorf allerdings nicht gewünscht. Denn bekanntlich forderte das lokale Bezirksparlament mehrheitlich die Absiedlung des Bauprojekts. Umliegend des Heeresspitals soll nach dem mehrheitlichen Willen der Volksvertreter ein Naturschutzgebiet etabliert werden.
Jetzt liegt es an der Floridsdorfer Politik mit Nachdruck die Umsetzung ihrer Beschlüsse von der Gemeinde Wien einzufordern.
Undurchführbarer Plan neu aufgewärmt
Gefeiert als großer Durchbruch, entpuppt sich die präsentierte Lösung rasch als alter Wein in neuen Schläuchen. Unverändert will man die Ziesel auf die selben weit verstreuten, teils abgelegen und ungeeigneten Ausgleichsflächen umlenken.
>> Ausgleichsflächen sehen und staunen <<
Ist ein erster Teil der Tiere dort angekommen, beginnt die sukzessive Vernichtung ihres angestammten Lebensraums um auch die übrigen Artgenossen zu vertreiben. Verbliebene Individuen, die sich dem „sanften Druck“ des Pflugs widersetzen, will man kurzerhand einsammeln und abtransportieren.
Nach dem selben Muster wird auch die ebenfalls beheimatete Feldhamster-Population delogiert, bekannte Vorkommen von Zauneidechse und Wechselkröte womöglich gar ignoriert. Allesamt sind sie streng geschützte Arten – Biodiversität unerwünscht!
Neu ist lediglich, dass im Falle des Scheiterns der Absiedlung, zusätzliche Überbrückungen des Marchfeldkanals errichtet werden sollen, um so die lästigen Tiere doch noch irgendwie los zu werden. Ein dichtes Vorkommen beim Heeresspital, war schon vor Beginn der Planungen bekannt, fiel aber im Widmungsverfahren unter den Tisch . Die betroffenen Ziesel sollen wohl um jeden Preis der Welt ihren Lebensraum verlieren.
Den größten Teil der Flächen stellt die Gemeinde Wien selbst zur Verfügung. Verbuschte Uferböschungen am Marchfeldkanal, deren Rodung nun zumindest teilweise zu befürchten ist, werden von der Betriebsgesellschaft Marchfeldkanal beigesteuert.
Wien ist anders: Mit Public Relations kontra Naturschutz
Braucht es beim Thema Naturschutz die Einschaltung einer PR-Agentur, muss wohl ordentlich Feuer am Dach sein.
Zur Rettung des Mega-Bauprojekts beim Heeresspital vertraut man auf Dienste eines Ex-SPÖ-Bundesgeschäftsführers, dessen Agentur voll und ganz auf „Story Telling“ spezialisiert ist.
Es sind aber nicht die von der Kronen Zeitung recherchierten Fakten, die im Mittelpunkt der „Auftrags-Geschichterln“ stehen. Vielmehr soll die öffentliche Meinung gezielt jenen notwendigen Spin bekommen, damit die Verantwortlichen ohne Imageverlust ein in Schieflage geratenes Vorhaben doch noch durchpeitschen können.
Auftrags-PR gegen die Interessen objektiv vom Aussterben bedrohte Tiere markiert zweifellos einen deprimierenden Tiefpunkt im Umgang mit schützenswerten natürlichen Ressourcen und letztendlich auch im Umgang mit den Bürgern. Eine Erkenntnis, die man angesichts grünen Aufwinds in der österreichischen Politik nicht für möglich halten würde.
Lichtblick Ziesel-Petition
Enorme Resonanz gab indes für die erst kürzlich initiierte Petition zum Schutz der Ziesel-Population beim Heeresspital. Mit ihrer Forderung nach Umsetzung der Floridsdorfer Beschlüsse, konnte sie bereits mehr als 1.000 Unterstützungserklärungen gewinnen.
An dieser Stelle ein herzliches Dankeschön allen Wienerinnen und Wienern, die mit ihrer Unterschrift ein engagiertes Zeichen für konsequenten Naturschutz und respektvollen Umgang mit streng geschützten Arten und ihrer Lebensräume setzen.
Unterschreiben auch Sie! Ab sofort ist es auch bequem per Fax möglich.
Ziesel-Wanderung am 15. Juni – Sei dabei!
War’s das nun mit den Zieseln beim Wiener Heeresspital? – Natürlich nicht, solange der gemeinsame Kampf für den Erhalt einer der letzten großen Populationen Österreichs unvermindert weitergeht.
Schon am 15. Juni haben Sie Möglichkeit hautnah das faszinierende Naturjuwel am Marchfeldkanal, dessen Ende von der Stadt Wien zuletzt eingeläutet wurde, hautnah zu erleben.
Lernen Sie im Rahmen eines geführten Spaziergangs alle Besonderheiten von Flora und Fauna des Biotops nächst dem Heeresspital kennen und machen Sie sich selbst ein Bild von den inakzeptablen, weitläufig verstreuten Ausgleichsflächen, wohin die streng geschützten Ziesel absiedelt werden sollen.
Neben dem Ziesel, haben weitere streng geschützte und seltene Arten wie Feldhamster, Zauneidechse, Wechselkröte, Neuntöter oder Nachtreiher dort ein Rückzugsgebiet gefunden. Ein schützenswertes Naturjuwel, wo es vieles zu entdecken gibt, erwartet Sie!
Wann: Samstag, 15. Juni 2013, 15:00 Uhr
Wo: Johann-Orth-Platz, 1210 Wien (Ecke Inge-Konradi-Gasse/Weilandgasse)
Dauer: ca. 1,5 Stunden
Der Treffpunkt befindet sich nahe der Endstation der Straßenbahnlinie 31. Vor und nach der Ziesel-Wanderung ist für ihr leibliches Wohl und reichlich Gesprächsstoff gesorgt.
Mit ihrer Teilnahme an dem Spaziergang zeigen Sie, dass Wiener Bürgerinnen und Bürger von der Wiener Stadtregierung eine gänzlich andere Art von Naturschutz erwarten, als dies zur Zeit praktiziert wird!
Wir freuen uns auf Ihr Kommen!
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